Unser Liebfrauenmünster - ein Wahrzeichen aus Ingolstadt
In diesem kurzen Blogartikel, möchte ich mich mit der Geschichte eines bedeutenden Gebäudes auseinandersetzen.
Hier erhältst du einen kurzen Eindruck unseres Liebfrauenmünsters (der oberen Pfarr).
„und ist ain newe pfarr, die wir dasselbig meinen und wöllen pauwn und stifften“
Diese Worte stammen von Herzog Stephan III. von Bayern-Ingolstadt, der damit seinen Willen bekundete eine weitere Pfarrei in Ingolstadt errichten zulassen. Herzog Stephan III. oder auch der Kneissel genannt, regierte seit 1392 über das Teilherzogtum Bayern-Ingolstadt und war Vater von Ludwig dem Gebarteten.
Letzterer wurde selbst Herzog von Bayern-Ingolstadt und war bekannt für eine glanzvolle Hofhaltung, die ihn zum höfischen Vorbild der bayerischen Wittelsbacher werden ließ.
An Hand einer Gedenktafel ist der Baubeginn des Liebfrauenmünster im Jahre 1425 ersichtlich. Bei der Grundsteinlegung war Ludwig bereits 57 Jahre alt und hielt sich seit 1422 hauptsächlich am kaiserlichen Hof in Wien auf - bereits unter Kirchenbann stehend.
Doch bereits vor der Grundsteinlegung begannen die Stiftungen und Zuwendungen für das geplante Gotteshaus. Die Stiftungsmittel kamen aus verschiedenen Richtungen. Mittels herzoglicher Steuereinkünfte, Bargeld, Preziosen und Kleinodien als Finanzmittel für Stiftungen und in geringem Anteil auch als Ausstattungsstücke.
Das Münster hatte vor allem eine wichtige Bedeutung: Es war als herzogliche Grablege angedacht. Näheres zu den Anweisungen für das Grabmal und der Liturgie kann man einer Urkunde von 1429 entnehmen. Unter dem heutigen Altar befindet sich seit 1430 eine Grabkammer. Dort liegen Stephan Kneissel und das Herz seiner Frau Anna von Bourbon. Ludwig der Gebartete, liegt tatsächlich nicht dort. Er verstarb 1447 in Gewahrsam bei seinem Erben Herzog Heinrich dem Reichen von Landshut. Er verwehrte ihm ein Begräbnis in seiner Kirche und außerdem stand Ludwig auch unter einem Kirchenbann. Er fand seine Ruhestätte in der Kirche des Zisterzienserklosters Raitenhaslach.
Der Bau
Betrachten wir zunächst das Gebäude selbst. Die ältesten Bauelemente sind: der Kapellenkranz, die innere Choranlage, die Sakristei, die Gruft und das Südostportal. Zu dieser ersten Phase liegen keine Baupläne mehr vor. 1438 war der Kapellenkranz fertig, aber sah noch anders aus als heute. Die Höhe der Seitenschiffe reichte vermutlich knapp über die der Kapellen und auch das Mittelschiff war nicht viel höher. Für diesen ersten Bau, ohne Steinboden oder Gewölbe, wurde 1430 als Haupteingangstor das Südostportal errichtet.
In der nächsten Bauphase viel die Entscheidung das Mittelschiff zu erhöhen. In diese Zeit fällt der Tod Ludwig des Gebarteten um 1447. Nun übernahmen die Landshuter Herzöge, als seine Erben, die Kosten für den weiteren Bau. Doch kam es zur Einwölbung des Mittelschiffs erst 1503, also rund 50 Jahre nach dem Ableben von Ludwig. Die Jahre zuvor, bereits um 1460, begann man den Bau des Langhauses mit der Südwand. Die sechs eindrucksvollen Seitenkapellen kamen auch erst 1510 dazu. Ebenfalls in langem Bauprozess standen die Türme des Münsters.
Bis ca. 1445 war gerade mal das 2. Stockwerk der Türme fertiggestellt. Um 1500 erst das vierte.
1522 wurde der Südturm mit seinen jetzt 69m fertiggestellt. Den Nordturm stockte man erst im 18. Jahrhundert auf seine jetzige Höhe von 62m auf.
Zur Zeit des Barocks kamen 1677 zwei Orgelemporen hinzu.
Eine umfassende Veränderung der Bausubstanz kam im 19. Jahrhundert auf. Zunächst mussten Baumängel ausgebessert werden. Zum einen wurde das Dachwerk und der Marmorboden erneuert.
Zu dieser Zeit wurde die kleine, vergessene Gruft, wiederentdeckt und erhielt einen neuen Zugang.
Kostbares im Inneren
Eine Kostbarkeit im Inneren der Kirche, war ein Marienbildwerk französischer Herkunft. Ludwig der Gebartete brachte es 1438 mit nach Ingolstadt. Im Volksmund wird das Werk auch „die Gnad“ genannt. Dem Willen des Stifters folgend, wurde das Marienbild Namensgebend für unser Münster:
„Zur schönen Unserer Lieben Frau“. Nur an 5 Festtagen, konnten die Einwohner das Bildnis bewundern. Zur Maria Verkündung, an Ostern, Pfingsten und dem Jahrtag der Bayerischen Herrschaft und Maria Tod. Dieses tolle Kunstwerk befindet sich nicht mehr in der oberen Pfarr. 1801 bezahlte Ingolstadt damit seine Kriegsschulden in München und wurde eingeschmolzen. Die Erinnerung an dieses Werk wurde durch ein Gemälde aus dem 18. Jahrhundert erhalten. Alten Aufzeichnungen entsprechend, hatte das Gemälde eine Höhe von ca. 58 cm und eine Breite von 33 cm.
„dieselben obgeschriebenen dreu stuck auch allweg bei der stift ewiglich bleiben sollen, mit namen der span des h. creuz in dem gulden creuz, darzu die monstranz mit dem dorn und die monstranz zu unsers herrn fronleichnam.“
Dies beschreibt die Dreiheit der wichtigsten Passionsreliquien die sich im Münster befinden. Dazu gehört das bis heute erhaltene Stephanskreuz. Dies enthält einen Kreuzspan aus dem Besitz von Stephan Kneissel und ein Reliquiar mit einem Dorn aus der Dornenkrone Christi. Letzteres erhielt Ludwig vom französischen König. Und die Letzte Reliquie ist eine Monstranz die den Leib Christi beherbergt.
Aus der Zeit der Spätgotik sind noch zwei Holzskulpturen erhalten. Der heillige Laurentius und Sebastian. Sie befinden sich heute in der Barbarakapelle. Und die Statue der schönen Madonna, die sich heute noch an der Säule rechts neben dem Volksaltar befindet.
Besonders ist auch, der bürgerlichen Stiftung zu verdankenden, Kreuzigungsaltar des Melchior Feselen. Dieser wurde 1522 erstellt. Er gilt als das frühste Altarretabel Deutschlands mit Renaissanceformen. Links und rechts des Altars sieht man die Stifter Georg Kaiser und dessen Frau Apollonia.
Die ehemalige Ausstattung
Die ursprüngliche Ausstattung der Altäre und Messen im 15. Jahrhundert sah anders aus als heute. Jeder Altar besaß mindestens 2 oder 3 gewöhnliche Messgewänder aus Samt, ein großformatiges Messbuch, einen silbernen Kelch und eine Heiligenstatuette mit Religuientabernakel. Außerdem war auf der Rückwand eine Inschrift mit der Legende des Heiligen und im Fuß konnten Reliquien bewahrt werden. Von diesen Figuren ist keine mehr erhalten. Und das wohl eindrucksvollste und prunkvollste Goldschmiedewerk befand sich wohl in der Mitte des Chores. Es hat sich dabei um eine silbervergoldete Monstranz mit den Figuren der zwölf Aposteln gehandelt, die alle in Schmelzemailtechnik ausgeführt waren und sich um ein Erbärmdebild gruppierten. Geschaffen wurde dieses Kunstwerk durch den Ingolstädter Meister Hans Paltwein.
Kleine Besonderheiten
• Auch heute noch, können wir am Münster einen Blick auf Ludwig den Gebarteten werfen. Hunderte Jahre, nachdem dieser bekannte Mann verstarb, blickt er noch immer auf die Ingolstädter vom Eingang des Südturms herab. Dort befindet sich ein Portalrelief von ihm.
• Um 1441 haben angeblich rund 1.000 arme Leute im Bereich des Westchores den Fürbittdienst für den Herzog Ludwig den Gebarteten geleistet.
• Von 5 bis 11 Uhr morgens waren neun aufeinander abgestimmte Messen eingeplant. Eine wurde gesprochen und eine wurde zeitgleich gesungen.
• Zu den ältesten liturgischen Traditionen im Münster gehört die Donnerstagsprozession.
Seit 1432 wird sie im Chor zur Darstellung des Sakraments des
„fronleichnams unsers herrn Jesu Christi“ abgehalten.
Der Ablauf der Prozession: Sieben Chorschülern mit Wandelkerzen folgten dem Pfarrer und alle neun Kapläne, außerdem vier Psaltaristen und alle übrigen Schüler und zu guter Letzt der Untersangmeister. Alle waren bekleidet in Chorröcke und Chorhauben. Mitgeführt wurden: Monstranz mit dem Leib Christi, das Reliquienkreuz mit dem Kreuzspan aus dem Vermächtnis Herzog Stephans und eine Monstranz mit einem Dorn aus der Dronenkrone Christi. Wer sich diese Prozession, in natürlich mittlerweile verkleinerten Varianten ansehen möchte, muss donnerstags um 7 Uhr am Morgen zum Münster kommen.
• Im Archiv des Münsters befindet sich das Pfarrbuch von Johannes Eck, in dem er minutiös Riten und die Liturgie zu seiner Zeit beschreibt. Eck selber wurde 1543 im Chorumgang des Münsters begraben. Seit dem 19. Jahrhundert befindet sich das Grabmal in der Kreuzkapelle.
• Die ältesten erhaltenen Glasfenster von 1494-1498 gehen auf Entwürfe von Albrecht Dürer zurück.
Zusatzinfo:
Erster namentlich bekannter Bauleiter am Münster:
Friedrich Spies (sphys) Bauleiter 1459
Verwendete Literatur:
- Bäumler, Suzanne: Das Ingolstädter Münster, Zur Schönen Unserer Lieben Frau (München, 2009)