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Ingolstadt - Das Armeemuseum

Anne-Marie Karl • 5. Januar 2025

 Faszinierendes aus Ingolstadt 

 Das Armeemuseum in Ingolstadt 
Vor einigen Jahren erklärte sich Herr Riedel bereit für ein Interview. 
Und wie es der Zufall wollte, ergab sich die Möglichkeit Herrn Schönauer, Oberkonservator (Stellvertretender Direktor) des Armeemuseums, ebenfalls für ein Interview zu gewinnen. 
Obwohl es viel zu erledigen gab, nahm sich Herr Schönauer im November 2024 die Zeit meine vorbereiteten Fragen zu beantworten. 
Herr Schönauer begrüßte mich am Eingang und führte mich zu seinem Büro. Von hier hat man einen schönen Ausblick über den Schlossinnenhof und auf Ingolstadt. Ein Blick auf das Treiben der Ingolstädter, wie ihn schon viele vor uns hatten. Wie viele beobachteten bereits aus diesen Fenstern die Anwohner bei ihren geschäftigen Treiben? Der Aussage von Herr Schönauer „das Büro mit der schönsten Aussicht in Ingolstadt zu haben“ kann ich definitiv zustimmen. 

Das folgende Interview spiegelt nicht nur die Historie wider, die sich hinter diesen alten Mauern verbirgt, sondern auch die Objekte des Museums und Herr Schönauer selbst. Seine umfassenden Tätigkeiten, aber auch seine eigenen Projekte und Vorlieben. 

Gründung des Armeemuseums 
1879 ist das Gründungsjahr des Armeemuseums. 

Seinen Ursprung hat das Museum in München, wo es zuerst im Zeughaus eröffnet wurde. 
Obwohl König Ludwig der Zweite als Gründer erwähnt wird, so hat er sich an der Lothstraße jedoch selbst nie mit der Sammlung der Objekte auseinandergesetzt. Seine Unterschrift zur Genehmigung setzte jedoch den Startschuss der Sammlung und Ausstellung. Der spätere Ort der Ausstellung, ab 1905 in einem Gebäude neben der Residenz in München, verdeutlicht die Wichtigkeit dieses Museums. Das Gebäude selbst wird jedoch 1945 zerstört. Während des 2. WK und der Nachkriegszeit hat das Museum durch Plünderungen einen Verlust von rund 25% der Objekte zu verzeichnen. 

Ab 1972 wurde die Ausstellung im Neuen Schloss in Ingolstadt neueröffnet. Zu dieser Zeit konnte festgestellt werden, dass vielen Objekten im Depot ausführliche Beschreibungen fehlten. 
Daher spielt die Provenienzforschung auch heute noch eine große Rolle. Die Herkunftsgeschichte der einzelnen Fundstücke soll erforscht und auch der Öffentlichkeit, wenn möglich, präsentiert werden. Bei rund 250.000 Inventarnummern erklärt es sich von selbst, dass nicht alle Objekte ausgestellt werden können und nicht alle lassen sich ihrer Herkunft bestimmen. Doch bei einer Vielzahl an Objekten gelang dies bereits. Ein Ergebnis dieser umfassenden Forschungen ist z.B. der Katalog zur Schatzkammer. Hier gibt es Objekte, die sogar bis ins 15. Jahrhundert verfolgt werden konnten. 

Das Neue Schloss – Mauern voller Geschichte 
Auf die Frage nach dem Neuen Schloss selbst, waren wir uns beide einig. Nicht nur die Ausstellung ist spannend, auch das Gebäude steckt voller Geschichte und ist einen Besuch wert. Tatsächlich ist es bisher auch noch nicht nachvollziehbar, welche Besucher für die Ausstellung und welche für das Neue Schloss selbst kommen. 

Der Baubeginn, des auch kunstgeschichtlich bedeutenden Gebäudes, liegt im Jahr 1418. 
Ein Großteil der originalen Bausubstanz ist bis heute erhalten geblieben. Obwohl für die Zeitspanne vom 16. bis 18. Jahrhundert wenige Quellen vorhanden sind, ist es bekannt, dass das Neue Schloss eine hohe Bedeutung in Süddeutschland hatte. Unter anderem wegen seinen dicken Festungsmauern. 
Ein interessanter Aspekt der bei dieser Frage aufkam, ist die räumliche Nutzung zur Präsentation der Ausstellungsobjekte. Herr Schönauer betonte, dass es hier manchmal ein wenig der Kreativität bedarf um die Objekte in den Räumen entsprechend zu verteilen. Die Räume sind oft nicht groß und es bedarf einer sinnigen Abfolge von Zimmer zu Zimmer. Doch hat auch das einen eigenen besonderen Charme. Zudem ist es Herr Schönauer wichtig, dass Neue Schloss selbst der Öffentlichkeit gegenüber zu öffnen. Es soll Bestandteil der Stadt werden. Ein wichtiger Schritt hierzu war 2018 die Eröffnung des Feldkirchner Tors. 600 Jahre zuvor hatte der ursprüngliche Bauherr Ludwig der Gebartete das alte Feldkirchner Tor in sein Schloss einbauen lassen. 600 Jahre später konnte das Tor den Ingolstädter zurückgegeben werden. Die Anwohner im 15. Jahrhundert hätten sich bestimmt sehr gefreut. Mittlerweile nutzen die Ingolstädter das Tor wieder und das Schloss selbst ist wieder ein Stückchen mehr zu einem Teil der Stadt geworden. 

Auf meine Anschlussfrage hin, ob es auch eine witzige Geschichte zum Neuen Schloss gäbe, musste Herr Schönauer kurz nachdenken. Als Antwort verwies er zunächst auf eine auch heute noch sichtbare Ausbuchtung im Innenhof. Hier stand einst ein Turm in der Flucht zum Feldkirchner Tor mit Graben. Dieser ehemalige Verteidigungsturm wurde wohl im 18. Jahrhundert abgerissen. Wie Herr Schönauer anmerkte, ist die Wahl des Standortes recht amüsant, denn es ist ein Beleg dafür, dass man nicht nur nach außen hin Schutz brauchte, sondern wohl auch den eigenen Anwohner wenig traute, liegt der Turm doch genau in der Sichtachse der Ludwigstraße. 


Herr Schönauer – Sein Werdegang

Dr. Tobias Schönauer, geb. Ingolstädter, studierte in Eichstätt und Bamberg Geschichte.

In seiner Doktorarbeit befasste er sich mit dem Ingolstadt des 30jährigen Krieges. Es folgten, nach einem BWL-Studium, Ausstellungen am Stadtmuseum und eine Anstellung am MPZ in München und an der Bayerischen Akademie der Wissenschaften. Hier koordinierte er als Projektleiter die Ausstellung „Wissenswelten. Die bayerische Akademie der Wissenschaften und die wissenschaftlichen Sammlungen Bayerns“.


2010 ging es für Herr Schönauer dann an das Armeemuseum, wo er seit 2 ½ Jahren als Stellvertretender Direktor tätig ist. Sein aktuelles Aufgabenfeld ist genauso Umfassend wie Spannend. Neben der Pressearbeit ist er für die Bereiche Internet, Social Media, die Depots oder für Sicherheitsfragen zuständig. Er erstellt und gestaltet nicht nur Flyer, sondern ist auch Ansprechpartner für das staatliche Bauamt, das derzeit wieder Sanierungsarbeiten am Schloss durchführt. Und nicht zu vergessen, neben all diesen Querschnittsaufgaben ist er in erster Linie Kurator und auch für Objekte und Ausstellungen zuständig. Zu seinen Sammlungsbereichen gehören neben den Blankwaffen und Rüstungen auch die frühen Fernwaffen oder die Musikinstrumente.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt seiner Tätigkeit ist die Digitalisierung der Objekte.


Das vorbereiten der Ausstellungen und andere Aufgaben teilt er sich mit drei weiteren Kuratoren am Museum. Auf die Frage seiner Lieblingstätigkeit erwiderte Herr Schönauer recht schnell „Die Vielfalt“. Sitzt er gerade an einem wissenschaftlichen Text und kommt nicht weiter, kann er sich zum Beispiel einer anderen Aufgabe annehmen und Distanz entwickeln. Die wesentlichen Aspekte wie die Planung einer Ausstellung und das bearbeiten einzelner Funde bereiten ihm ebenfalls Freude. Er selbst betonte wie spannend es ist einen Depotfund zu betrachten und festzustellen das sich hier ein kleiner „Schatz“ versteckt hat. 


Depotfund? Heißt das die kennen ihre Funde gar nicht?“.

„Ganz so ist das natürlich nicht, da kann ich euch beruhigen. Alle Funde sind inventarisiert und an und für sich bekannt. So gut das eben geht bei der hohen Zahl an Sammlungsobjekten. Doch nicht alle sind historisch korrekt datiert, oder als originale erkannt o.ä. So kann der ein oder andere Fund ganz schön überraschend sein!“

 

Ich:

Welche Epoche fasziniert sie am meisten?


Herr Schönauer:

30jähriger Krieg, aber auch MA!


Ein Blick in die Vergangenheit – Ausstellung die im Gedächtnis bleibt

In all diesen Jahren befasste sich Herr Schönauer mit unterschiedlichen Ausstellungsthemen im Neuen Schloss. Eine dieser Ausstellung ist ihm ganz besonders im Gedächtnis geblieben.

Im Visier des Fotografen“. Einzelne Objekte wurden hochwertig fotografiert und mit diesen Fotos erstellte Herr Schönauer einen Katalog. Im Museum inszenierte er die Objekte neben ihrem Foto.

So wurden Details an den einzelnen Objekten sichtbar, die der Betrachter mit bloßem Auge nicht so ohne weiteres bemerkt hätte. Auch wenn ich die Ausstellung selbst nicht gesehen habe, so sind die fotografischen Aufnahmen wirklich beeindruckend.

 

Tipps für die Ausstellung vom Stellvertretenden Direktor

Einfach kommen!

Auch das wäre mein Tipp! Kommt vorbei! Doch einige weitere Empfehlungen hatte Herr Schönauer dann doch noch für uns. Dringend empfiehlt er die Schatzkammer. Aber auch den Zinnfigurenturm. Hier wartet ein beeindruckendes Diorama.

 

Was wird das Museum in Zukunft an Veränderungen erfahren?

Grundlegend ist eine thematische Ausstellung zum Thema Mittelalter geplant.

Außerdem wird ein neuer Depotfund präsentiert. Es handelt sich um einen, wie festgestellt werden konnte, originalen Holzschnitt aus dem Jahre 1549. Der Holzschnitt gibt dem Betrachter die Gelegenheit ein Ingolstadt zu sehen, wie es vor über 400 Jahren ausgesehen hat. Damals schlug Kaiser Karl V. sein Heerlager vor den Toren der Stadt auf. Auch das ist auf diesem Riesenholzschnitt zu sehen.

 

Für ein optimales Erlebnis, wird der Holzschnitt mit digitalen Elementen den Besuchern präsentiert. Einzelne, kleine Ausschnitte können so vergrößert werden. Über Druckknöpfe werden die kleinen, für das bloße Auge kaum sichtbaren Bereiche beleuchtet. So wird es den Besuchern möglich sein, trotz der enormen Größe des Holzschnitts, auch kleine Details wahrnehmen zu können. Das Leben in einem Heerlager wird so begreifbarer. Zum Beispiel gibt es einen Soldaten der seine Notdurft gerade im Fluss erledigt.


Das über 3 Meter breite Objekt wird einige Überraschungen für uns bereithalten. Und dank der digitalen Gestaltung werden auch einzelne, 2 cm große Menschen sichtbarer.

Weitere digitale Elemente in der Ausstellung sind für Herr Schönauer denkbar. Solange sie einen direkten nutzen haben. Aktuell wird an einem fortschrittlichen Projekt gearbeitet, das vor allem auch dem Thema der Inklusion im Museum dient. Mittels KI sollen Tafeltexte in verschiedenen Sprachen eingepflegt werden. Über eine App können Besucher dann die gewünschte Sprache auswählen und die unterschiedlichen Texte in ihrer Sprache lesen. Auch Gebärdensprache soll machbar sein, um inklusiver zu werden.

 

Außerdem kann durch dieses KI-Element eine spontanere Vorbereitung für fremdsprachige Reisegruppen stattfinden. Bei rechtzeitiger Anmeldung kann eine Wunschsprache eingepflegt werden und so auf zukünftige Museumsbesucher aus aller Welt eingegangen werden.

 

 

 

 Abschlusswort ...

Das Armeemuseum wird inklusiver, moderner und wird allen Besuchern auch in Zukunft einen umfassenden Eindruck der Vergangenheit bieten. Auch wenn schon im Wort enthalten ist, das es vor allem um die Armee und damit auch um Waffen geht, darf nicht vergessen werden, dass das Museum weit mehr zu bieten hat. Neben den thematisch spannenden Sonderausstellungen, geht es vor allem um die Personen und Geschichten hinter den Objekten.

Manchmal kann ein alter Helm mehr erzählen als ein ganzes Buch.



Wenn man bereit ist mit ihm in die Vergangenheit einzutauchen!

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